Page 50 - Staleke Ausgabe 204, Winter 2016
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Eine Begegnung auf mehreren Ebenen
der Erfindung des Buchdrucks  Anschließend folgte der Auftritt von Ibrahim  Seit seiner Flucht aus Syrien vor 14 Monaten lebt er in Deutschland  Ibrahim dich- tet leidenschaftlich und las den Besuchern des Vorlesefiebers sein erstes deutsches Gedicht mit dem Titel „Augen“ vor  Gabi Seba sorgte mit ihrer selbst ge- schriebenen Geschichte „Wie man Rotkohl kocht und sich trotzdem nicht scheiden lässt“ für herzhaftes Lachen im Pub- likum und auch Renate Laufs beeindruckte mit ihrer humor- vollen Geschichte rund um ein paar neue Nachbarn 
Bei Klaus Ressemann wurde es kurzweilig wieder ernst  Mit sei- nem Gedicht „Menschen“ und darin enthaltenen Fragen wie „Gibt es einen Tag, an dem kei-
HAGEN. Ein Saal voller literarisch begeisterter Menschen, mittendrin gespannte Autoren,
Poeten und Musiker und eine offene Bühne: Auch zehn Jahre nach seiner Geburt haucht das Vorlesefieber der Welt des Buches in der Gemeinde Hagen mit vielfältigen Texten, Ak- tionen und Themen noch Leben ein. Hagener Bürgerinnen und Bürger trafen sich in der Burg, um mit selbst geschriebenen Geschichten oder auch Lieblingswerken zum Motto „Zehn Jahre später“ das Jubiläum des Vorlesefiebers zu feiern.
Der literarische Abend ist längst Kult und bildet den Abschluss der diesjährigen neun-
tägigen Reihe  „Diese
Gemeindeverwaltung, die sich am Telefon vor allem um die An- meldungen gekümmert habe  Aber auch das Ehepaar Glabatz und unter anderem Sabine Sti- ckelmann wurden mit dem Preis ausgezeichnet 
„Kultur ist Begegnung  Ich hof- fe, dass wir heute viele erleben werden“, sagte Wulff-Haun  Den Anfang des bunten Abends machte Anneliese Siestrup mit dem Gedicht „Die Spin-
gemeinsame Leidenschaft für die Musik fühlten sie sich schnell miteinander verbunden und verabredeten sich schon bald zu ersten Proben  Zeghouane hegt eine besondere Vorliebe für die algerische Mandole, die er seit fünf Jahren spielt  Unterrichts- stunden habe der 28-Jährige allerdings nie bekommen  „Ich habe oft andere Musiker beob- achtet und geguckt, wie sie das
nerin“ von Goethe, das
sie anschließend mit ei-
nem Märchen aus dem asiatischen Raum „Die Weberin und der Kuhhirte“ vertiefte 
Nach dem Exkurs in die chinesische Mythen- welt eröffnete Lieder- macher Pascal Gentner zusammen mit den Musikern Zeghouane Sliman und Rafik As-
mani den musikalischen Teil des Abends  Die beiden aus Südal- gerien stammenden Männer sind vor etwa zehn Monaten nach Deutschland gekommen und haben die ersten Monate in der vorübergehend als Flücht- lingsunterkunft genutzten Turn- halle in Hagen verbracht 
Musik aus Algerien
machen  Und natürlich gut zugehört“, berich- tete er  Sein Freund Ra- fik unterstützt ihn mit
seiner Darbuka, einer Trommel aus dem arabischen Raum  Un- ter dem Namen „Trio berbere“, das sich aus dem Na-
Kultur ist Begegnung. Ich hoffe, dass wir heute viel erleben werden
ne Bombe fällt?“ regte er die Besucher zum Nachdenken an  „Ich habe das Gedicht zwar schon vor zehn Jahren geschrieben, aber es ist leider nach wie vor
aktuell“, bedauerte er  Thomas Schröder setzte seine Kurzge- schichtenreihe mit denselben Akteuren wie auch in den vor- herigen Jahren in einem völlig neuen Licht fort, während Knut Addix mit Dada aus eigener Fe- der beeindruckte 
Petra Wulff-Haun trug zum Abschluss das Gedicht „Im Herzen des Augenblicks“ vor  „Die zehnte Ausgabe des Vor- lesefiebers ist ein echter Knal- ler geworden  Noch nie haben wir so viele Autorenlesungen gehabt“, blickte sie zurück  Auch Bürgermeister Andreas Wittenberg nahm an der Ab- schlussveranstaltung teil und lobte Mut und Ideenreichtum der zahlreichen Leser und Schreiber  Die Beteiligung sei auch nach einem Jahrzehnt noch hoch und das Angebot noch vielfältiger und kreativer  „Ich denke, wir haben unseren Level gut gehalten und un- ser Konzept noch lange nicht verbraucht“, freute sich Wulff- Haun  s Milena Schwoge
offene Bühne ist an-
ders als sonst  Sie ist ein
bunter Blumenstrauß
aus Texten, Klavier- und Gitarreneinlagen und Gesang“, kündigte Petra Wulff- Haun vom Organisationsteam an  Doch noch bevor Bücher und Notenblätter geöffnet wurden, verteilte sie das „Goldene Ohr“ als Preis an die aufmerksams- ten Zuhörer des Vorlesefiebers  „Die erste Trophäe möchten wir an Susanne Puvogel geben,
„Wie man Rot- kohl kocht und sich trotzdem nicht scheiden lässt“
Zusammen mit Liedermacher Pascal Gentner (links) und mit kabylischen Klängen begeisterten die Algerier Zeghouane Sliman (Mitte) und Rafik Asmani (rechts) das Publikum bei der offenen Bühne des Vorlesefiebers.
men des nordafrikani-
schen Volksstammes zusammensetzt, treten
sie nun mit Gentner ge- legentlich auf diversen Veranstaltungen auf 
In ihrem Repertoire haben sie bewegende Lieder, in denen Zeghouane und Rafik auch ihre persönlichen Erlebnisse verar- beiten  „Wir haben zusammen drei Songs komponiert  Die beiden waren bei der ersten gemeinsamen Probe sehr ge- rührt und hatten sogar Tränen in den Augen“, sagte Gentner  Für ihn sei es besonders span- nend gewesen, die traditionell kabylische Musik der Algerier mit europäischen Klängen am Klavier zu vermischen  „Es macht einfach Spaß  Zeghoua- ne und Rafik sind auch immer total positiv“, freute sich Gent- ner  Auch beim Publikum in der Burg kam das Trio gut an und wurde mit großem Applaus gefeiert 
Nach der Musik ging es wieder zurück zum klassischen Teil des Vorlesefiebers  Bettina Topp- ke las passend zum Abend aus dem Sachbuch „Eine Geschichte des Lesens“ von Alberto Man- guel vor und widmete sich der Entdeckung des Lesens und
denn ohne ihre Ohren wäre die Idee nie so verstanden und umgesetzt worden“, erklärte Wulff-Haun  Den zweiten Preis widmete sie Birgit Witt von der
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„Wir haben uns damals zufällig auf dem Willkommensfest der Flüchtlinge kennengelernt und sind ins Gespräch gekommen“, berichtete Gentner  Durch die
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